Glücklich ist … wer sich vergisst

Managementtheorien formen den modernen Angestellten


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Bei den Römern waren es die Sklaven, die diesen Ansprüchen genügen mussten: ständige Erreichbarkeit, ständige Dienstbereitschaft, ständige Überprüfung. Heute sagt man Kommunikationsfähigkeit, Flexibilität, Evaluation. Kurz, es ist vom modernen Angestellten im Zeitalter postmoderner Managementtheorien die Rede. Das moderne Walhall dazu ist die Harvard Business School.

Performance ist auch hier alles. Am Ende wird das clevere Reden über de Arbeit wichtiger als die Arbeit selbst. Beim sogenannten Exzellenzwettbewerb an deutschen Universitäten wird das Prädikat ‚exzellent‘ nicht für tatsächliche Forschung oder Lehre verliehen, sondern für die geschickteste Ankündigung bloßer Vorhaben. Wie es sich für Performance gehört, wird Schauspielkunst prämiert.

Im modernen Angestellten wird die in der Aufklärung errungene Trennung von Person und Amt (das war Fortschritt) rückgängig gemacht. Die Institution greift nach der gesamten Person. Darin liegt der kaum noch versteckte totalitäre Zug moderner Managementmethoden. Die sektenhaften Schulungsmethoden, die ständigen mantraähnlichen Beschwörungen lassen Raum für Assoziationen: man darf an Scientology denken.

Auch eine andere Frage ist nicht zu verdrängen: Taugt der gehirngewaschene Lakai eines Unternehmens als Souverän einer Demokratie?

Der Leiter des Goethe-Instituts in New York hat über den modernen Angestellten ein sehr empfehlenswertes Buch geschrieben:

Christoph Bartmann: Leben im Büro. Die schöne neue Welt der Angestellten. Hanser Verlag, 2012, 320 S., 18,90 €.

Postscriptum: Zum parallelen Lesen eignet sich ein Roman, der eine moderne Angestellte höheren Ranges zeigt, die alle diese Managementtheorien verinnerlicht hat … bis sie aus Effizienzgründen (Effizienz war eines ihrer Lieblingswörter) ausgemustert wird. Mit feiner Ironie ohne jeden erhobenen Zeigefinger erzählt.

Thomas von Steinacker: Das Jahr, in dem ich aufhörte, mir Sorgen zu machen, und anfing zu träumen. S. Fischer Verlag, 2012, 399 S., 19,99 €.


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Dieter Jakob

geb. 1941, Anglist und Germanist, VDSt Erlangen.

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