Akademische Verantwortung
Das Semester des VDSt Aachen-Breslau II stand gemäß dem Verbandsprofilthema „Bildungsstandort Deutschland“ unter genau diesem Motto. Dabei wurden vornehmlich strukturelle Aspekte der hiesigen Bildungsinstitutionen thematisiert.
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AnmeldenAus der Diskussion um die Bologna-Reform erwuchs die klassische Frage, wie sich die aktuelle Entwicklung der Hochschulpolitik mit dem humboldtschen Bildungsideal noch vereinbaren lässt. Weiter gefasst, wie man in Zeiten zunehmender Studentenzahlen und Rufe nach „Employability“ dieser Idee noch gerecht werden kann. Welche Modelle sich in Zeiten von standardisierten Studiengängen und wachsender Spezialisierung dafür eignen. Und welche gesamtgesellschaftlichen und persönlichen Vorteile sich aus dem Streben nach Bildung statt reiner Ausbildung ergeben.
Gesellschaftliche Verantwortung
Akademiker jeglicher Façon sind in besonderem Maße Vordenker und Gestalter unserer Gesellschaft. Sie üben überproportionalen politischen Einfluss aus, indem sie selbst Mandate bekleiden oder immerhin eine höhere Wahlbeteiligung aufweisen als viele andere Gruppen. Viele ihrer sozialen Rollen erfordern ein hohes Maß an autonomer Entscheidungsfähigkeit und moralischer Integrität. Das Ausweiten des persönlichen Horizonts derer, die aufgrund fachlicher Expertise entsprechende Positionen bekleiden, ist daher von gesamtgesellschaftlichem Interesse.
Besagte Darstellung stand somit im vergangenen Sommersemester zur Debatte. Neben der angestoßenen Grundsatzdiskussion wollten wir mit Themen abseits der gängigen Fachrichtungen einen Beitrag leisten. Dazu wurden im Rahmen des Semesterprogramms drei Vorträge geplant.
Als erstes ehrte uns der Professor für Klimatologie am Geographischen Institut der RWTH Aachen, Christoph Schneider, mit einem Besuch. Das Thema des Vortrags lautete fachgemäß „Planetare geosystemare Randbedingungen des 21. Jahrhunderts“. Dabei konzentrierte sich der Referent hauptsächlich auf die Klima-Thematik. Dem Publikum – besagter akademischer Klientel, deren Horizont zu weiten war – wurden wissenschaftliche Modelle nähergebracht, auf deren Grundlage Projektionen zu den Lebensbedingungen für den Menschen im kommenden Jahrhundert erstellt werden. Neben dem Klimawandel wurden weitere Faktoren des Modells in Rechnung gestellt, welche die Integrität des Geosystems in unterschiedlichem Maße gefährden. Dabei haben, so Schneider, ökologische Faktoren der Stickstoffzufuhr in die Biosphäre sowie das Artensterben bereits kritische Grenzen überschritten. – Es folgte eine angeregte Diskussion über mögliche politische und ökonomische Konsequenzen.
Bildung und Forschung
Die Entwicklung der universitären Lehre auf Hochschulebene ist in der Politik oft Gegenstand emotionaler Diskussionen. Nun gibt es an der RWTH wohl niemanden mit besserer Kenntnis der Materie als das für dieses Gebiet zuständige Rektoratsmitglied, Prof. Dr. Aloys Krieg. Der studierte Mathematiker erzählte reflektiert, aber dennoch pointiert von der Finanzierung der Hochschule über die Exzellenzinitiative bis zu den Eigenheiten der deutschen Universität im internationalen Vergleich. Auch die Herausforderungen durch das sich stetig wandelnde gesetzliche Umfeld verschwieg er nicht und kritisierte mit Bezug auf das neue Nordrhein-Westfälische Hochschulgesetz sehr offen den Wegfall aller Partizipationspflichten der Studenten.
Den Abschluss bildete ein Diskussionsabend mit dem Aachener Landtagsabgeordneten Karl Schultheis, zugleich Sprecher des Ausschusses für Bildung und Forschung. Den Teilnehmern wurde ein Einblick in die politischen Prozesse gewährt, die Vorgaben für die Universitäten entwickeln. Interessant war besonders die Betrachtung beider Perspektiven, der Politik und der Hochschule; zu sehen, dass beide Seiten das Studieren im eigentlichen Wortsinn als integralen Wettbewerbsvorteil des deutschen Bildungssystems anzusehen scheinen. Während der Vortrag zur Umweltthematik einen Ausblick auf die kommenden Herausforderungen der heutigen Studentengeneration bieten konnte, knüpfte die Thematisierung der universitären Bildung an sich direkt an die Grundsatzdebatte über Wert und Besonderheiten des Akademischen an. Gerade im technikfixierten Aachen braucht es Institutionen wie die unsere, die sich um interdisziplinären Austausch bemühen. Besonders dass sich neben den VDStern viele Kommilitonen und weitere Gäste für die Themen begeistern konnten, ist uns dabei eine große Freude.
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