Es wurde auch Zeit

Die Fans und Bewunderer haben lange darauf gewartet; die Skeptiker beklagen eine weitere Stufe unerklärlichen Medienhypes. Sie ist da, die Biographie über den noch nicht vierzigjährigen Politstar aus Oberfranken, der noch im unbequemen Verteidigungsministeriums alle Beliebtheitsranglisten anführt: den Freiherrn von, vor allem aber zu Guttenberg. Die junge Journalistin Anna von Bayern hat sich als erste daran versucht und es auf immerhin rund zweihundert Seiten gebracht.


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Um es vorwegzunehmen: Das Buch mit dem Untertitel „Aristokrat, Politstar, Minister“ dürfte vor allem in der Fangemeinde des Ministers Anklang finden. Zu hoch darf man die Erwartungen aus journalistisch-kritischer Sicht nämlich nicht ansetzen. Spektakuläre Enthüllungen bietet von Bayern keine. Was Guttenberg mit General Schneiderhan und Staatssekretär Wichert im mysteriösen Entlassungsgespräch wirklich beredete, erfahren wir nicht, und was sich an Schilderungen über den Rücktritt von Michael Glos oder die legendäre Opel-Nachtsitzung findet, konnte man im SPIEGEL schon vor langem lesen. Die Charakterisierung des Ministers bietet auch wenig Spektakuläres; dass Guttenberg hinter dem Gentlemanlächeln und dem sorgsam gepflegten Außenseiterimage auch in Parteistrukturen zu arbeiten weiß und das Instrumentarium der Macht beherrscht, ist keine wirklich neue Nachricht; anderenfalls, wissen auch seine Anhänger, hätte er es nicht so weit gebracht. Und das berühmte Teflonphänomen, nach dem von „KT“ alle Skandälchen fast folgenlos abprallen – als er, Generalsekretär noch, einen engen Mitarbeiter wegen eines peinlichen Jugendfotos entließ oder als die englische Kanzlei Linklaters für sein Wirtschaftsministerium Gesetze schrieb oder als er in der sogenannten Kunduz-Affäre unter Beschuss geriet –, das schildert das Buch zwar, aber eine echte Erklärung liefert es auch nicht.

Es ist im Wesentlichen, trotz der engen Bekanntschaft der Autorin mit dem Minister, eine Zusammenschau der zahllosen schon bekannten Berichte und Anekdoten, die über Guttenberg seit seinem kometenhaften Aufstieg im Umlauf sind; und in der Summe unkritisch und ungefährlich. Es schildert zwar auch das Künstliche, Gestellte an Guttenberg, seine spontan wirkenden, aber gründlich inszenierten Reden, die immer wieder betonte Bodenständigkeit, die geschnörkelten, aber unkonkreten Sätze; aber immer in einem Ton, der von viel Grundsympathie getragen ist. Und wenn es an Guttenbergs Standfestigkeit in der Opel-Nacht und seine offene Sprache in Sachen Afghanistankrieg geht, kann man die Bewunderung schwer überhören.

Also Hofberichterstattung? In Teilen ja. Aber von der besseren Sorte. Lesenswert ist die Biographie dennoch, nicht nur, weil sie lebendig und witzig geschrieben ist. Sie zeichnet ein gelungenes Gesamtbild dessen, was die schreibende Zunft in Deutschland an Eindrücken über Guttenberg gewonnen hat. Das ist naturgemäß noch unvollständig, denn wirklich bewährten konnte sich der Hoffnungsträger der CSU noch nicht; Die Wehrreform wird seine erste echte Herausforderung. Folglich fokussiert sich vieles auf das Medienphänomen Guttenberg; das Moment des Staunens, das immer mitschwingt, ist nicht unnatürlich und eben der etwas rätselhafte Eindruck, den alle von Guttenbergs Aufstieg haben, ob sie ihm nah oder fern stehen. Immerhin, über die Familie, über Vater Guttenberg und Ehefrau Stephanie, geborene Gräfin von Bismarck-Schönhausen, erfährt man manche Anekdote, das rundet das Bild ab. Von einer wirklichen Biographie kann man natürlicherweise noch nicht sprechen. Aber den Zeitgeist der Guttenberg-Jahre 2009 und 2010 hat Anna von Bayern gut eingefangen.

 

Anna von Bayern: Karl-Theodor zu Guttenberg. Aristokrat, Politstar, Minister. Fackelträger Verlag, Köln 2010. 224 Seiten, 19,95 Euro.


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