Alle Beiträge von Christian Roth

Kulturhistoriker sind Detektive ebenso wie Psychologen; finden können sie die Quellen, erspüren müssen sie die Menschen dahinter. Zu größter Meisterschaft darin brachte es der Niederländer Johan Huizinga. „Herbst des Mittelalters“ ist das Musterbild eines Epochenporträts; kenntnisreich, tiefsinning und ohne Scheu, vom Sterben ebenso zu erzählen wie vom Leben.

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Außerhalb Bayerns kennt man Ludwig Thoma für seine Lausbubengeschichten, Satiren und Spottverse, ein wenig auch den politischen Radikalismus seiner letzten Jahre. Zu seinen Bauernromanen schafft schon die bairische Sprache große Distanz. Als Zeitzeugnisse aber sind sie von hohem Wert und erschreckender Klarheit.

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Von der Emigrantenliteratur über das Dritte Reich ist wenig im Gedächtnis geblieben. Oft mit Recht; feinsinnige Liberale schrieben über Schurken, die so ganz fremd und andersartig waren, und zielten meist am Kern der Sache vorbei. Einen lohnt sich immer noch zu lesen; auch feinsinniger Denker zwar, aber einer, der nahe dran war; gar zu nah. Hermann Rauschning: Die Revolution des Nihilismus.

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Lion Feuchtwanger, Meister des historischen Romans, verdichtet im römisch-jüdischen Schriftsteller Flavius Josephus den Konflikt von Nation und Menschheit, Judentum und Weltbürgertum. Viele Fragen verweisen zurück auf ihn selbst und die eigene Zeit.

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Das wenigste auf der Welt ist wirklich neu. Trägt man das vorhandene Wissen übersichtlich zusammen, hat man schon viel gewonnen. Dachte sich der oströmische Kaiser Leo VI. und versuchte sich als Archivforscher und Militärschriftsteller. Eine nachhaltige Begriffsneuschöpfung gelang ihm aber doch.

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Oft finden wir Einsicht im Fernen und Abseitigen, kaum und gar nicht mehr glaublichen. Sehen im kunstvollen Mosaik mehr von uns als im ebenen Spiegel. Über Thomas Manns Schalkgeschichte Der Erwählte – „Spätform der Legende“, geschrieben für Zeiten, die gar so legendengläubig nicht mehr sind.

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Der Sozialroman ist die Paradedisziplin der französischen Romanciers im neunzehnten Jahrhundert. In keiner anderen Sprache wird so hübsch gehungert. Auf die Spitze treibt es Émile Zola im Germinal; vierhundert Seiten Jammer, Leid und Tod. Harter Naturalismus, aber mit scharfem Auge geschildert und viel Wille zur Nuance.

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Victor Hugo gilt in manchem als französischer Goethe; genialer, olympischer Überschriftsteller in vielen Genres; freilich auch darin dem Geheimrat ähnlich, dass er sehr selektiv gelesen wird. Bevorzugte Lektüre sind bis heute Die Elenden, ein episches Sozialdrama mit allerlei Eigenheiten.

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Eine Stadt geht vor die Hunde, und der beobachtende Moralist geht mit ihr. Beständig zwischen Fatalismus und dringender Warnung changiert Erich Kästners Roman Fabian. Ewige Wahrheiten bietet er nicht, aber eine treffende Zeitdiagnose.

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Felix Dahns Klassiker über die Tragödie der Ostgoten hat viel seiner alten Beliebtheit eingebüßt. Einst Jugendroman für ganze Generationen, geht er langsam in den Exotenstatus über. Die alte, treue Leserschaft mit ihrem festgefügten Urteil besteht nicht mehr. Chance für einen frischen Blick.

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Aphorismenbücher schenkt man gern: leichte Lektüre für zwischendurch, in der Kaffeepause oder Sanitärabteilung. Simone Weil taugt dafür nicht; ihre Sentenzen fordern den Leser ganz und gar. Schroff und kompromisslos auf die letzten Dinge hin; der Stil so gravitätisch wie die Titel. Zum Beispiel Schwerkraft und Gnade.

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Was die Nation ausmacht, beantwortet jeder anders, mit dem, was er gerade wichtig findet. Der Schriftsteller sagt natürlich: die Sprache, das geschriebene Wort. Teilwahrheit nur, doch geistreich vorgetragen. Wir lesen nach bei Hugo von Hofmannsthal.

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Nationalstaaten sind nicht veraltet, sondern vorerst immer noch die einzige politische Ebene, die im Ernstfall handeln kann. Bis man besseren Ersatz hat, bleibt sinnvoll, sie zu schützen, körperlich und geistig. Dafür plädierte in Halle Ansgar Graw, Reporter bei der WELT.

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Identitätspolitik gehört zu den Moden unserer Zeit, in Schattierungen beliebt auf der Rechten wie auf der Linken. Schwierig, das gemeinsame Wir zu finden, jenseits von Kleinkollektiven, die sich für das Ganze ausgeben. Simon Strauß, Schriftsteller und FAZ-Feuilletonist, fand es beim HES im gemeinwohlorientierten Bürgersinn am Beispiel der Römischen Republik.

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Albert Ballin, stolzer Hamburger, glühender Patriot, ist als Generaldirektor der Hapag einer der wichtigsten Wirtschaftsführer im Deutschen Reich. Wilhelm II. schätzt ihn als Freund; Kritikern gilt er als „Kaiserjude“. Sein Aufstieg und Fall läuft zu dem des Reiches parallel. Den bitteren Absturz am Schluss überlebt er nicht.

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Der Aufstieg der Juden beginnt naturgemäß in ihrem traditionellen Berufszweig: dem Geldwesen. Das für Deutschland klassische Beispiel ist der Bankier Gerson von Bleichröder; der brachte es vom Gehilfen der Rothschilds bis in den Dunstkreis der Macht – als Finanzverwalter, Wirtschaftsberater und Geheimdiplomat Otto von Bismarcks.

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Schriftsteller, Journalisten, politische Idealisten gab es die Menge unter den jüdischen und jüdischstämmigen Intellektuellen deutscher Zunge. Unter ihnen ragt einer heraus: Heinrich Heine. Außenseiter, Exilant blieb er im Leben und noch eine Weile darüber hinaus. Heute kann man sich einen Literaturkanon nicht mehr vorstellen ohne ihn.

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Das neunzehnte Jahrhundert ist für die europäischen Juden die Zeit des erst langsamen Marsches aus dem Ghetto und dann immer rasanteren Aufstiegs. In Deutschland leisten sie, von der Politik noch ausgesperrt, vor allem einen Beitrag in Unternehmertum, Wissenschaft und „Geist“ – Literatur und gepflegter Konversation. Eine Meisterin darin ist Rahel Varnhagen, geborene Levin.

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Eines immerhin haben haben AfD und Pegidianer erreicht: In Deutschland wird wieder gestritten, um politische Grundpositionen im Meinungskampf heftig gerungen. Das ist gut. Freilich verroht zunehmend die Diskussionskultur, auf beiden Seiten; das ist weniger gut. Und der Tiefpunkt des Niveaus wird oft erreicht, wenn der Kulturbetrieb politisch aufgeladen wird.

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Was das Judentum sei, ist eine uralte Frage: Religion oder Nationalität; gebaut auf das Göttliche hin oder auf das Irdische, das Volk und das Land, Eretz Israel. Gewiss kann man simpel antworten: beides. Aber der Schwerpunkt verschiebt sich immer wieder merklich.

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