Fortentwicklung der Artillerie

Die Debatte um die mit hohen Kosten gescheiterte Entwicklung deutscher Aufklärungsdrohnen hat die Diskussion um bewaffnete Drohnen in der Bundeswehr zeitweise in den Hintergrund gedrängt. Der Minister aber bleibt beharrlich – mit Recht: Die Kampfdrohnen müssen kommen.


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Die Beziehung der Deutschen zu ihrem Militär scheint schon immer ein wenig irrational gewesen sein, irgendwo schwankend zwischen vergötzender Überhöhung und radikaler Ablehnung. Darin unterscheiden sich heutige Pazifisten nicht von wilhelminischen Reserveoffiziersanbetern: Sie urteilen mit dem Bauch, mit dem Instinkt. Militär ist böse, Waffen sind böse, also ist jede Waffenanschaffung böse. Warum man sich dann überhaupt ein Militär leistet und warum dieses Militär mit überwältigenden Parlamentsmehrheiten wieder und wieder ins Ausland befohlen wird – so weit reicht der Gedanke meistens nicht.

Zu einer pragmatischen, nüchternen Haltung in sicherheitspolitischen Fragen hat man in Deutschland bis heute nicht gefunden; es ist ein Nicht-Thema, ein solches Thema also, über das man eigentlich nicht spricht, das als ein wenig unanständig gilt. Rüstungsdebatten führt man nur verschämt oder gar nicht, mit dem Ergebnis, dass sie ins Halbdunkel verdrängt werden und man die Entscheidungen so allein den Technokraten und Lobbyisten überlässt.

So ist es auch im Fall der Kampfdrohnen, die in erregter friedensbewegter Empörung das Etikett „böse“ angeklebt bekommen haben und gegen die Argumente ins Feld geführt werden, die deutlich jenseits der Grenze zum intellektuellen Offenbarungseid liegen. Sie tragen Waffen, heißt es, und beschießen Ziele – das tun Kampfflugzeuge auch und Panzerhaubitzen auch, die selbstverständlich zum Arsenal einer modernen Armee gehören. Wenn Waffen an sich böse sind, muss man das Heer selbst abschaffen; das fordern jedoch die wenigsten.

Kampfdrohnen sind heimtückische, feige Waffen, sagt man, sie töten aus der Distanz, ohne Chance für den Beschossenen, sich zu wehren, ohne Risiko für den Piloten im weit entfernten Kontrollzentrum. Das ist so – und gerade das ist ihr militärischer Vorteil. Wenn es feige ist – man sollte vielleicht besser sagen: unehrenhaft, unritterlich, denn es sind diese alten Ehrbegriffe, die hier hineinspielen –, wenn es unehrenhaft ist, die Feuerkraft zu erhöhen und das Risiko für die eigene Truppe zu minimieren, dann sind alle technischen Entwicklungen im Militärwesen seit der Bronzezeit unehrenhaft, dann sind Kampfflugzeuge unehrenhaft und auch die Artillerie, sind Maschinengewehre unehrenhaft, sind Fernwaffen überhaupt unehrenhaft bis zurück zu Pfeil und Bogen. Das einzig ehrenhafte wäre dann der ritterliche Kampf Mann gegen Mann mit Lanze und Schwert. So sagte es übrigens auch über Jahrhunderte der soldatische Ehrenkodex. Kriege führt man aber nicht für die Ehre, sondern für einen politischen Zweck und mit möglichst geringen Verlusten. Und gerade in dieser Begrenzung des Krieges liegt der humanitäre Fortschritt des letzten Jahrhunderts.

Was Kampfdrohnen verständlicherweise unbeliebt macht und von anderen Waffen unterscheidet, ist ihre bisherige Benutzung in der amerikanischen Armee, wo sie eingesetzt werden für die gezielte Tötung feindlicher Kommandeure, zum Teil auf dem Territorium neutraler Staaten. Sowohl die gezielte Tötung als auch die Grenzverletzung sind völkerrechtlich problematisch und gehören eigentlich eher ins Metier der Geheimdienste als des Militärs, dessen Ressourcen man dafür verwendet. Man übernimmt aber nicht die Nutzungspraxis eines anderen Staates, wenn man ein Waffensystem kopiert. Missbrauchen lässt sich jede Waffe. Das macht sie nicht zum Unglück, in den richtigen Händen und unter der richtigen Kontrolle.

Die Diskussion über die richtigen Einsatzregeln ist in diesem Zusammenhang die einzig sinnvolle; wobei man nicht viel verkehrt machen wird, wenn man sie den Regeln für Luft- und Artilleriebeschuss anpasst. Denn am Ende sind die Kampfdrohnen nichts anderes: eine Fortentwicklung von Luftwaffe und Artillerie.


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