Ohne Qualität ist alles nichts

Die Automobilbranche ist Jobmotor Nr. 1 in Deutschland und ein wahres Eldorado für Absolventen technischer Studiengänge. Aber nicht nur in Produktion und Entwicklung; auch etwa in der Qualitätssicherung. Über seine Berufspraxis als Qualitätsmanager erzählt Andreas Stotko.


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Aka-Blätter: Wie wird man eigentlich Qualitätsmanager?

Stotko: „Den“ einen Weg gibt es sicherlich nicht, meiner ist gar nicht einmal besonders typisch, da ich eigentlich in der Produktentwicklung begonnen habe und Qualitäter sozusagen erst auf dem zweiten Bildungsweg wurde. Generell ist ein ingenieurwissenschaftliches Hochschulstudium eine gute Voraussetzung, weil man damit das technische und methodische Rüstzeug erhält. Gewisse QM-Inhalte finden sich auch bereits im Studium, etwa Vorlesungen über Systemzuverlässigkeit. Natürlich gibt es auch spezialisierte Ausbildungsgänge, etwa von der DGQ („Deutsche Gesellschaft für Qualität“), das ist jedoch in der Regel kein Muss. Vieles Methodische erarbeitet man sich auch erst im Beruf, Arbeitgeber fördern hier häufig spezielle Fortbildungen. Z.B. Six-Sigma, wo ich den „Green belt“ erwerben durfte.

Unter Qualitätssicherung stellt man sich gemeinhin immer noch die Teilekontrolle am Ende einer Fertigung vor, unter Zuhilfenahme statistischer Verfahren, um Toleranzwerte zu bestimmen. Qualitätsmanagement ist aber mehr als nur Kontrolle?

Es ist deutlich mehr. Natürlich gehören Stichprobenkontrollen mit dazu; wenn man dem Lean-Gedanken folgt, sind sie aber Verschwendung. Nach Möglichkeit sollte man sie minimieren. Dazu gehört, als Qualitätsmanager schon früh in den Produktentwicklungsprozess einbezogen zu werden und Qualitätskriterien definieren zu können, die dann etwa auch in die Auswahl von Zulieferern einfließen. Insgesamt bedeutet es, präventiv tätig zu werden, von vornherein ein reifes Produkt zu entwickeln statt erst im nachhinein Fehler zu suchen und zu beheben. Ziel ist natürlich in beiden Fällen, dafür zu sorgen, dass ein Produkt über die erwartete Lebensdauer seine Funktion erfüllt. Produktqualität ist ein wenig wie die Gesundheit beim Menschen: Sie ist nicht alles, aber ohne Qualität ist alles nichts.

Wie hat man sich den Arbeitsalltag vorzustellen?

andreas stotko

Andreas Stotko arbeitet als Qualitätsmanager im Bereich Elektromobilität eines großen deutschen Automobilkonzerns

Das hängt natürlich davon ab, wo man eingesetzt ist. Ich bin für das Qualitätsmanagement an der Schnittstelle zu den Zulieferern für eine bestimmte Produktgruppe zuständig. Das bedeutet viel Reisetätigkeit zu den Lieferanten, um deren Produktion zu begutachten und Qualitätsstandards zu definieren. Das betrifft nicht nur das reine Produkt, sondern auch die Frage der Versorgungssicherheit, also die Unterstützung der Lieferanten beim Hochfahren ihrer Produktionslinie. Da es sich um eine relativ neue Produktgruppe handelt, bin ich auch häufig in Projektgruppen unterwegs, um die Entwicklung und Einführung zu begleiten.

Du bist studierter Maschinenbauingenieur. Wie tief ist man als Qualitätsmanager selbst in den technischen Themen der Fertigung, in Deinem Fall: dem Bereich Elektromobilität?

Recht tief. Die Produktgruppen sind nach technischer Komplexität zugeschnitten, d. h. wer komplexe Produkte betreut, wie es etwa die Ladegeräte für Elektrofahrzeuge sind, hat es nur mit wenigen Ausführungen zu tun, um auch technisch den Überblick behalten zu können. Kollegen, die sich um das Qualitätsmanagement bei Schrauben kümmern, können natürlich bis zu 10.000 verschiedene Teile in ihrem Portfolio haben. Da wir in den Entwicklungsprozess eingebunden sind und uns in die Technik vertiefen, haben wir natürlich auch die Möglichkeit, aktiv auf die Entwicklung Einfluss zu nehmen. Dazu wird dann eher der Ingenieur benötigt als der reine Methodenspezialist.

Wie siehst Du die Entwicklung der Elektromobilität in Deutschland und weltweit?

Bei diesem Thema gibt es noch eine starke Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit. Zwar ist die Elektromobilität in aller Munde, man hört und liest darüber in den Medien und auf Messen. Aber die realen Produktionszahlen pro Jahr liegen in Deutschland bei nur wenigen hundert im Jahr; gemessen an einem Fahrzeugbestand von über vierzig Millionen ist das also noch eine kleine Nische, von der Marktreife sind wir noch ein gutes Stück entfernt. Hier ist noch einige Entwicklungsarbeit zu tun, damit am Ende die Anschaffungskosten für ein Elektrofahrzeug nicht oder nur soviel höher sind als bei einem konventionell betriebenen, wie man in einem überschaubaren Zeitraum an Kraftstoffkosten spart. Bis dahin ist es eher noch ein Thema für Liebhaber. Aber wir arbeiten mit großer Energie daran.

Würdest Du jungen Studenten die Automobilbranche und speziell Deinen Fachbereich empfehlen?

Auf jeden Fall, die Automobilbranche ist der Jobmotor Nr. 1 in Deutschland, und es gibt dort noch genügend Job-Chancen gerade für junge Ingenieure, wobei verschiedene Vertiefungsrichtungen möglich sind. Wichtig ist vor allem, dass man mit dem Herzen dabei ist und Benzin im Blut hat. Oder bei den neuen Antrieben würde man vielleicht sagen: Energie im Blut.


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