Bin ich schön ?

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Liebe Leser,
ab dem dritten Mal ist es Tradition: Diesen Status hat das Hermann Ehlers Symposion nun erreicht. Die
politische Jahrestagung ist fester Bestandteil im Veranstaltungskalender unseres Verbandes geworden.
Das bewährte Format mit Vorträgen, Workshops und Exkursionen zog auch diesmal viele VDSter an von
nah und fern. Halle war gern ein guter Gastgeber. Davon wollen wir in diesem Heft berichten; den Teilnehmern zur Erinnerung, allen anderen Lesern als Gelegenheit, noch teilzuhaben an den spannenden
Diskussionen vor Ort. „Was ist des Deutschen Vaterland?“ lautete diesmal das Tagungsthema, angeregt
durch das Arndt-Jubiläum. „Nation, Staat, Europa: wohin geht die Reise?“ Fragen des Staatsrechts, der
Kulturgeschichte, der Sprache, der persönlichen Identität wurden aufgeworfen und besprochen. Ohne
endgültige Antwort; mit Teil-Antworten, Annäherungen, Anregungen zum Selbstdenken. Mit Spaß an
der provokanten These, Geduld aber auch und Wille zum Zuhören.
Wir wünschen allen viel Freude an der Lektüre und blicken bereits voraus auf das dann vierte Symposion im Herbst 2020: in Österreich im schönen Graz an der Mur!

Ungleiche Schwestern

Wenn man Parteisysteme vergleicht, neigt man dazu, Parteien aus verschiedenen Ländern in die gleiche Gruppierung einzusortieren, nur weil sie ähnliche Namen tragen. Oft ist das ein Fehler.


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Parteinamen sollen wirken, Identität stiften, integrieren nach innen, attraktiv machen nach außen. Sie sind nicht ganz verschieden von Werbeslogans. Aber man kann sie nicht wechseln wie das Hemd, außer in instabilen Parteiensystemen wie zeitweise Frankreich und Italien; und so sind sie, aus einer konkreten Situation geboren, oft lange unverändert, obwohl die Parteien, die sie bezeichnen, mit der Zeit längst andere geworden sind.

Manche Namen sind merkwürdig an aktuelle Anlässe gebunden: Union für die Mehrheit des Präsidenten, Alternative für Deutschland; nach Jahren passen sie oft nicht mehr. Andere versteht man nur aus den Anfängen und landestypischen Voraussetzungen heraus. In Amerika, das nie einen König hatte, ist Republikaner eine nette Werbebezeichnung, ein Slogan, eine Marke für eine Partei; mehr kaum. In Nordirland ist es eine Kampfansage nah am Hochverrat, am Rande des akzeptierten Systems, und zwar am linken. In Deutschland, das republikanische Parteien genug hat, Synonym für den anderen Rand, rechts von Franz Josef Strauß. Arbeiterparteien gibt es links wie rechts; die meisten haben gemeinsam, dass Arbeiter nur noch die Minderheit ihrer Wähler stellen.

Kaum übersehbar ist die Vielfalt an liberalen Parteien, man muss nur in das EU-Parlament schauen. Links- und sozialliberale Parteien wie in England, weil die Konservativen dort selbst marktliberal genug sind; anderswo wären sie den Grünen näher. Rechts- und nationalliberale Parteien wie in Holland und Belgien, die man in Deutschland fast schon den Radikalen zusortieren würde. Ähnlich bei den Christdemokraten. Konservativ, liberal, sozial, je nachdem, wo der heimische Parteienmarkt eine Lücke aufweist.

Man kann Parteien einigermaßen stimmig programmatisch verorten, in mehrdimensionalen Koordinatensystemen, von autoritär bis libertär, von Staat bis Markt, von regionalistisch bis zentralistisch. Aber was ähnlich heißt, hat oft wenig miteinander zu tun.


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